Vera F. Birkenbihl war mehr als ihr halbes Leben lang ein Computer- und Elektronikfreak. Ihren Longseller „Stroh im Kopf?“ schrieb sie 1983 auf einem Commodore-64 Homecomputer* – eine enorme Erleichterung gegenüber ihrem bisherigen Verfahren, Bücher mithilfe der Schreibmaschine zu erstellen –, später arbeitete sie mit einem Apple Macintosh, stieg dann auf Apple MacBooks um und arbeitete bis zu ihrem Tod im Dezember 2011 intensiv mit dem erst 2010 markteingeführten Apple iPad. Im Besitz der Birkenbihl Sammlung Jena befindet sich sogar das erste Apple iPhone aus dem Besitz von VFB, das sie, nach dem sie jährlich auf Nachfolgemodelle umgestiegen war, aus Erinnerung heraus trotzdem aufhob.
In den 1980er Jahren schrieb die dauerarbeitende Dozentin und Trainerin unter ihrem Namen verschiedenste Computerbücher, um den Menschen auch hie rihr Wissen weiterzugeben. So erschienen 1984 im Vaterstetten IWT-Verlag (später im HEISE Verlag) das Werk „Von BASIC zu COMAL (Der schnelle Wechsel zum strukturierten Programmieren)“ sowie „Einstieg in SIMONS‘ BASIC für den Commodore 64 (Ein erfrischendes Kurzseminar zum besseren Verständnis der angeblich so trockenen Programmiersprache)“. Im Verlag Moderne Indurstrie folgte 1985 ihre Anleitung zum „Zeichnen mit dem Macintosh“. Im Eigenverlag „Beste Unternehmensführung / A-Verlag“ folgten 1987 Vera F. Birkenbihls erstes „Von null Ahnung zu …“-Buch und zwar „Von null Ahnung zu etwas EDV (Ein erfrischendes Kurzseminar zum besseren Verständnis der angeblich so trockenen EDV-Welt)“, dem sie im gleichen Jahr auch eine gesprochene Version mit „Von null Ahnung zu etwas EDV (Die Tonkassette)“ folgen ließ. Über ihre Affinität zu Computern schrieb Birkenbihl einst:
»Es hatte mit jenem berühmten C-64 begonnen, dessen Leistungen gigantisch waren. Damals kamen die ersten sog. HOME-COMPUTER mit eingebautem BASIC, eine Computersprache, die für Angelsachsen sehr einfach war, da die Befehle einfache englische Wörter waren. Dies war ein großer Schritt gegenüber den Programmiersprachen davor, deren kryptische Befehlr Profis vorbehalten waren. Mit BASIC konnten plötzlich Laien ihre eigenen Programme schreiben, eine großartige Demokratisierung des Programmier-Prozesses, aber leider für Deutsche mit dürftigen Englisch-Kenntnissen nicht soooo leicht. Da die BASIC-Sprachen eingangs mit der Hardware verkopelt kamen, konnte man die eine nicht gegen die andere Basis-Version tauschen (das ging erst einige Jahre später, als Computer mit einem Betriebs-Sytem kamen, welches sowohl das Programieren mit käufilichen Programm als auch andere Arten von Programmen möglich machte (Die ersten Sieger damals waren Tabellen-Calculation, Textverarbeitung, Datenbanken, Spiele, Grafik-Programme, mehr Spiele…).
Leider wurde der sagenhafte C-64 mit einem phänomenalen Inneren (Hardware) mit einer läppischen Software ausgeliefert, das eingebaute BASIC war so dürftig, daß man sehr häufig (vor allem für Grafik-Befehle) in die Maschinensprache eintauchen mußte, indem man mit sog. POKE-Befehlen direkt in die richtige Adresse des Speichers hineinschreiben mußte. Hinzu kam, daß Commodore damals kein echtes Interesse daran hatte, daß Käufer selber programmieren sollten (das taten nur Freaks und Leute wie ich, die diese Wissenschaft als Fallbeispiel für gehirn-gerechtes Vorgehen brauchten). Der Hersteller Commorore setzte seine Hoffnungen auf die SPIELE, von Profis programmiert, die auch bald in zunehmendem Maß erschienen (weil die Maschine Leuten, die Maschinensprache beherrschten, unglaubliche Effekte ermöglichte. Die C-64-Spiele gehörten bald zu den weltbesten. Man denke nur an Frogger oder den JUMPMAN, bei dem sich sich sogar zusätzliche Levels zusammenstellen konnte (hier wurde die Drag- und Drop-Technik fast schon vorweggenommmen, der Spieler brauchte keinerlei Programmier-Kenntnisse, um weitere Spiele zu basteln. Es war wirklich extrem spannend! Aber ich greife vor, beginnen wir nochmal mit dem Anfang:
Als ich jenen C-64 kaufte, empfahl mir der Verkäufer, gleich eine besondere BASIC-Variante (SIMONS s BASIC) mitzunehmen, da es Befehlsgruppen erhalte, mit denen GRAFISCHE BEFEHLE möglich wurden, ohne im Maschinenprogramm herumzu-POKEn. Zwar verstand ich seine Aussagen damals nicht (nur: GRAFIK…. DIESES PROGRAMM PHÄNOMENAL… NICHT TEUER…) und nahm das Zusatz-Programm mit. Dadurch merkte ich erst zuhause, daß der geniale Teenager aus England seiner Befehlssprachen-ERWEITERUNG lediglich ein Faltblatt mit den aufgelisteten Befehlen beigelegt hatte, mit der ein Laie wie ich zunächst absolut nichts anfangen konnte. Natürlich gab es damals so gut wie keine Sekundär-Literatur, also war ich gezwungen, die Dinge selbst zu erforschen und herauszufinden. Drei Monate später übergab ich einem Verleger mein Manuskript für eines der ersten deutschen C-64 Buches (damals begann man mit ersten Übersetzungen aus den USA, aber es gab auch dort noch kaum Titel).
In meinem Buch erklärte ich die Grundlagen gehirn-gerecht, Schwerpunkt waren alle Grafik-Befehlen dieses SIMON in SIMON s BASIC (Buchtitel SIMON sBASIC – Schwerpujkt Grafik). Dort legte ich all die Dinge nieder, die ich mir als Laie gewünscht hatte, als ich anfangen mußte, alles alleine zu lernen. Dazu gehörten Details wie den Unterschied zwischen einer absoluten und einer relativen Adresse im Computerspeicher etc. Damals hatte ich auch eine mitgelieferte Mickey-Maus-Textverarbeitung einmal probiert und gleich in die Ecke geworfen; der C-64 schien doch vor allem zum Programmieren für Profis geeignet zu sein, bis die ersten C-64-SPIEL-PROGRAMME auf den Markt kamen. Man könnte den C-64 fast als erste SPIELKONSOLE bezeichnen. Er stand im Wohnzimmer und wurde über das Fernsehgerät betrieben, wie heutige spielconsolen auch! Bald gab mir jemand die heiße Kopie eines Textverarbeitungs-Programmes aus GB, das zum erstenmal zeigte, daß man mit einem C-64 praktisch arbeiten konnte. Bis dahin konnte Commodoere als PRAKTISCHE TIPS nur behaupten, man könne seinen Weinkeller damit verwalten, mehr war dem Hersteller nicht eingefallen! Aber hier erlebte ich eine tolle Textverarbeitung,die aus einem HEIM-COMPUTER einen vorläufer der PC.s machte (und mit dem ich bald zwei Bücher schrieb, ehe ich mit dem Mac nicht nur programmieren, sondern ähnliches tun konnte). Ich kontaktete den Programmierer dieser großartigen Textverarbeitung VIZAWRITE (auch er ein Engländer) und erzählte ihm von den Raubkopien, die jedoch die einzige Mögichkeit boten, an das Programm zu kommen. Denn noch gar es niemanden, der das Programm VERKAUFEN DURFTE. So wurde auf die Schnelle ein Vertrieb für Deutschland aus dem Boden gestampft und ich schrieb eine Rezension (VIZA IM VIZIER) für CHIP. Das war übrigens das erste fachkundige Computer-Heft für eine breite Öffentlitchkeit. Dort schrieb damals noch so, daß auch Einsteiger es verstehen könnten, eine Fertigkeit, die alle Computer-Magazine verlieren, wenn ihre Verleger selbst keine Einsteiger mehr sind.
Es fehlt bis heute ein Heft, das so gehirn-gerecht ist UND BLEIBT, daß allen Einsteigern (notfalls in Marginalien und Fußnoten) die notwendigen Infos bietet, die AnfängerInnen benörigen, um den Haupttext verstehen zu können. Heutzutage ist schon die Werbung so abgefaßt, daß man sie als EinsteigerIn nicht verstehen kann und wenn man dort anruft, stellt man fest, daß die Leute in der Bestellabteilung die Fragen auch nicht beantworten können. Sie mögen sich mit Bestellung auskennen aber nicht mit den Aussagen ihrer Werbeleute. Jedenfalls hatte VIZAWRITE allen gezeigt, was möglich war und damit den Markt elektriziert. Leider passierte diesem Pionier, was oft passiert: Man schafft einen Markt, in dem andere dann absahnen. So ging es später auch NETSCAPE (ehe GOOGLE kam). Denn VIZAWRITE animierte den deutschen Gründer von DATA BECKER in Düsseldorf dazu, selbst eine deutsche Textverarbeitung für den C-64 zu programmieren. Da diese den Vorteil hatte, Umlaute, Scharfes ß etc. zu beherrschen, war das das Gastspiel von VIZA im deutschen Sprachraum zwar heftig aber kurz. Leider.
Jedenfalls lernte ich spater eine weitere Programmiersprache: COMAL. Das war eine eine wunderbare Sprache, die sich leider nicht durchgesetzt hat. Sie verband die Vorteile von Basic (wo man Zeile für Zeile durch einen einfachen RUN-Befehl testen kann) mit PASCAL. Diese etwas höhere sprache hatte zwar eine bessere Struktur, war aber eine sog. Compilersprache. Bei diesen muß man immer das gesamte Programm erst compilieren, ehe man es mit RUN testen kann. Daher ist es weit schwieriger, Fehlern auf die Schliche zu kommen. Deshalb hatten findige Programmierer sich COMAL ausgedacht: Es verhielt sich auf der Oberfläche wie BASIC (also leicht zu handhaben), enthielt aber trotzdem Pascal-artige Befehle mit denen man z.B. kleine MODULE programmieren konnte, die man später auch in andere Programme wieder verwenden könnte. Es war eine sehr spannende Phase der Computerei! In dieser Zeit entstand mein zweiter C-64 Bestseller: VON BASIC ZU COMAL, der (wie auch das erste) 3 Auflagen durchlief, ehe er durch die Entwicklung out-of-date wurde. In einer Zeit, als viele Bücher keine 5 Monate überstanden, waren die ca. 30 – 33 Monate, die beide Bücher im Markt waren, schon etwas. Denn es kamen ständig neue Versionen der Programme heraus und dann nütze ein handbuch, das die Neuigkeiten noch nicht enthielt wenig. jedenfalls sind zwei Software-Buch-Veteranen, die fast 3 Jahre schafften schon etwas Besonderes in dem schnell blühenden Computerbuch-Markt der 1980-Jahre.
Dann stieg ich auf den Mac um, mit dem ich zunächst auch nur programmierte, bis es eine erste Textverarbeitung gab und ab da begann ich dann mit diesem auch meine Bücher zu schreiben und das tue ich heute noch! So, das war etwas Hintergrund zu diesem Thema.«
* = Nebenbei bemerkt: Der von VFB im letzten Absatz erwähnte Mac des Unternehmens Apple wurde ab dem Frühjahr 1984 verkauft und war der erste Mikrocomputer mit grafischer Benutzeroberfläche, der in größer Stückzahl produziert wurde. Sein Name ist von der Apfelsorte McIntosh abgeleitet. Birkenbihl hat stets erklärt, ihre Bücher Anfangs auf Apple Computern geschrieben zu haben, was auch ihrem 1983 erschienenen Erfolgsbuch „Stroh im Kopf?“ angedichtet wurde. Dies ist jedoch nicht möglich, da Vera F. Birkenbihl nie mit dem Mac-Vorgänger-Computer Apple II gearbeitet hatte. Ihr Bekenntnis zu ihrer Computer-Affinität legt daher nahe, dass es der in Deutschland Anfang 1983 markteingeführte COMMODORE C-64 gewesen sein muss, auf dem „Stroh im Kopf?“ entstand.