Auch wenn viele Fans und Freunde von Vera F. Birkenbihl sie bislang ausschließlich als Trainerin / Lehrende / Dozentin, als Sachbuchautorin / Aufklärerin / eine Person kannten, die an allen Aspekten der Wissenschaft und des Lebens interessiert war, wird ein Menschenbild dennoch erst dann vervollständigt, wenn man auch andere Aspekte einer Persönlichkeit kennenlernt. In ihrem Buch „Stories & Poems: Made in USA“ (1987 im eigenen „A-Verlag“ inkl. vieler Zeichnungen veröffentlicht), findet man eine ganz andere Seite von VFB, einen sehr privaten Menschen, diessen Texte für einige Aspekte der Person Vera Felicitas einleuchtende Erklärungen liefert.
MIt den Worten »Diese Geschichten & Gedichte schrieb ich 1969 bis 1972, als ich noch in den USA lebte. 2006 wurden sie übersetzt und ins Deutsche dokodiert. Möchten sie einmal etwas ganz anderes Vera F. Birkenbihl lesen, dann kaufen Sie dieses Buch.« macht sie ihrer Leserschaft bereits auf dem Umschlagdeckel klar, was diese von dem knapp 130 Seiten starken Buch zu erwarten hat: „Geschichten & Gedichte: Made in USA“.
Über berührende Gedichte für ihren Onkel Werner und Großmutter Emily (Anm.: im Epilog des Buches sagt Birkenbihl, wenn sie damals nicht so klein gewesen wäre, dann hätte sie dies bei deren Beerdigungen vorgetragen »… und ich vermisse beide immer noch.«), in denen man beispielsweise erfährt, dass es Emiliy (†1955) war, die VFBs Liebe zum Teetrinken, vielleicht sogar für das Rauchen, entfachte, bis hin zu einer fiktiven Beschreibung des Abends des 26. April 1946 aus Sicht ihrer Eltern, als Vera F. Birkenbihl [… nur in ihrer Geschichte, die sie als Prolog zu einem Roman beschreibt, oder auch tatsächlich? …] nicht zuhause und auch nicht in einem Spital sondern auf der Straße geboren wurde, kurz nachdem – der zweite Weltkrieg war noch nicht einmal ein Jahr vorbei – ein explodierender Blindgänger „dem alten Enninger“ das Leben geraubt hatte. Ihre Mutter sagte noch „Ich dachte, dass wir ewig leben werden …“, als sie den Leichnam sah und schon setzten die Wehen ein. In der Geschichte „April 1946 (München)“ erfährt man auch, wie sehr sich der Vater einen Sohn gewünscht hatte, den er im Gedenken an den gerade Verstorbenen mit zweitem Vornamen „Enninger“ nennen wollte und im Mondlicht erkannte: es ist eine Tochter »… und ich stieß meinen ersten Schrei aus.«
Aber gerade dieses Gedicht (und der anschließend beschriebene Brief an eine Lehrerin) offenbaren die literarischen Schwächen einer de-kodierenden Übersetzung, die nichts weiter ist, als eine Wort-für-Wort-Übersetzung und deshalb nicht den Sinn der gedichteten Intention wiedergeben kann. In der de-kodierten Übersetzung heißt es bespielsweise »blinde Granate« anstatt »Blindgänger« bzw. statt »… und ich stieß meinen ersten Schrei aus.« schlicht»… und ich äußerte meinen ersten Schrei.« Ebenso geht Birkenbihls Intellekt hinter „Eines Dichters Brief an einen Kritiker“ durch die de-kodierte Übersetzung nahezu völlig verloren.
Vera F. Birkenbihl lebte zu der Zeit, in der sie fast alle Texte des Buches verfasste, in St. Louis im mittleren Westen der USA und hier rebellierte sie (wieder einmal) gegen Lehrkräfte, die nichts verstehen und nur reagieren anstatt zu agieren. Es war im September 1971 und VFB antwortete einer „Madame Schaeffer von der University of Missouri“ auf deren ablehnende Kritik eines Birkenbihl-Gedichts. Anstatt Anerkennung erntete VFB von ihr eine vernichtende Bewertung. Doch Vera F. Birkenbihl schrieb ihr als Antwort einen Brief in Gedichtform in dem sie klarstellte: »Das hat mich wirkliich sprachlos gemacht. Aber es war mein Gedicht, das Sie so reagieren ließ, und dafür nehme ich gerne eine Anerkennung entgegen, falls ich das darf.« Solche Poesie geht in der de-kodierten Übersetzung völlig unter, wenn es dort heißt: »Aber es war mein Gedicht, das machte sie reagieren in dieser Art und für das ich werde nehmen Kredit, wenn ich darf.« – Jedimeister Yoda würde wahrscheinlich sagen: „Besser machen das, du kannst.“
Zusammengefasst lässt sich sagen: Dieses Buch von Vera. F. Biirkenbihl im englischen Original zu lesen ist atemberaubend interessant. Die 2008 veröffentliche deutsche Version des Buches hat neben einigen Stärken aber auch deutliche Schwächen. Deshalb hat die Birkenbihl Sammlung Jena den Philosophen, Anglisten und Literaten Dr. Lutz Mühlfriedel (Foto links) damit beauftragt, die Gedichte von Vera F. Birkenbihl so ins Deutsche zu übersetzen, dass sie literarisch an Wert gegenüber der im Buch „Geschichten & Gedichte“ vorliegenden Version gewinnen!