Vorbemerkung: 1946 begann Michael Birkenbihl in München mit seinem Studium der Medizin und Psychologie. Im gleichen Jahr wurden ihm und seiner Frau Anna Tochter Vera Felicitas geboren. 1965 gingen beide für mehrere Jahre in die USA – Michael Birkenbihl war damals Anfang Vierzig, Vera F. Birkenbihl 18 Jahre alt.
In den Vereiningten Staaten intensivierte Michael Birkenbihl sein Kenntnisse, wie Führungdpersönlichkkeiten arbeiten sollten und geführt werden können. Anfang 1970 kehrte er wieder nach Deutschland zurück und er machte sich noch im gleichen Jahr als Unternehmensberater selbständig. 1973 erschien sein sog. „Arbeitshandbuch für Ausbilder und Dozenten“ unter dem Titel „TRAIN THE TRAINER“ – es wurde ein großer Erfolg. Mit weiteren Büchern wie dem „Chefbrevier… “ und „Karriere und innere Harmonie“ festigte er in den 1980 und 1990er Jahren seinen Ruf als einer der einflussreichten Trainer und Unternehmensberater Deutschlands.
1992 erschien in der Bayerischen Verlagsanstalt Bamberg unter dem provozierenden Titel „Wer repariert den Chef?“ Michael Birkenbihls letztes Buch, das er über „Management-Coaching als Anspruch und Aufgabe“ (= so der Untertitel) mit verschiedenen Beratungsbeispielen verfasst hatte. Birkenbihl definiert darin bis ins Detail, was er unter „Coaching“ versteht, grenzt sein Coaching gegen die Psychotherapie ab und erstellt ein Anforderungsprofil: Welche Art von Persönlichkeit müsse ein Coach sein, der es sich zutraut, „ausgebrannten“ Managern aus der beruflichen Talsohle zu helfen? Dem Klienten bietet der Autor drei von ihm erarbeitete und erprobte Selbstanalysen an: die Archetypen-Dominanz, die Animus-Anima-Konfiguration und das 6-Faktoren-Selbstbild. Die Auswertung des sich ergebenden „Analyse-Plateaus“ weise die Stärken und Schwächen der Klienten-Persönlichkeit einleuchtend aus, so der Autor.
In diesem Spätwerk vetritt Michael Birkenbihl die Auffassung, dass ein Mensch über vierzig seine Persönlichkeitsstruktur nicht mehr ändern könne. Falls sich aber durch die Analyse ergibt, dass es ein Charakterzug ist, der den Klienten am Durchbruch zum Erfolg hindert, sei Abhilfe durch Autosuggestion möglich. Dazu bietet der Autor Lösungsmöglichkeiten an, die dreifach gegliedert sind in „Erfolgs-Formel“, „Meta-Formel“, und „Individual-Formel“. Schließlich demonstriert er in Form eines „Probelaufs“, wie man seine Coaching-Theorie in die Praxis übertragen könne.
Das Buch schließt mit einem von ihm so benannten „inoffiziellen Anhang“. Darin wird erläutert, welche Coaching-Nuancen unter Zuhilfenahme esoterischer Paradigmen eine noch höhere „Treffsicherheit“ ermöglichen: zum Beispiel das Heranziehen des Geburtshoroskops, der Tarotkarten und der Numerologie. Fazit des Verlags: „Dieses Buch, das in berechtigter Analogie zum ‚Train the Trainer‘ auch den Titel ‚Coach the Coach‘ tragen könnte, wird kein Leser aus der Hand legen, ohne an- oder aufgeregt worden zu sein. Wie man das von einem ‚typischen Birkenbihl‘ erwarten darf.“
Allerdings wirkt dieses Buch, das nur wenige Monate vor dem Tode von Michael Birkenbihl erschien, ein wenig „aus der Zeit“ gefallen und verkaufte sich nur mäßig. Nicht so gut bei der Leserschaft kamen beispielsweise Bemerkungen an, wie etwa (Zitat) »Was mein sexuelles Verhalten betrifft, um auch diesen wesentlichen Punkt noch zu erwähnen, (…) hatte ich bei neuen Intimpartnerinnen anfangs immer „Startschwierigkeiten“; erst nach einiger Zeit „klappte“ es, und ich habe mich dann als ausdauernder und geschickter Liebhaber erwiesen.« zum Thema der sog. „Land“- oder „Wasser“-Seele. Obwohl man bedenken muss, dass Michael Birkenbihl zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits mehr als 70 Jahre alt war: so wohlwollend ihm sein Ruf vorauseilte, waren solche Einblicke in sein Innerstes in einem Werk mit dem Ziel des Management-Coachings „als Anspruch und Aufgabe“ nicht zu erwarten gewesen und in einem Coaching-Buch – vorsichtig ausgedrückt – unprofessionell.
Wenn man davon ausgehen darf, dass die Wandlung der Trainer-Spezies zu der von Coaches zwischen 1965 und 1990 dazu geführt hatte, dass sich die Gruppe solcher Fachleute doch schon erheblich verjüngt hatte, passten Birkenbihl-Weisheiten wie »Ein Coach sollte eher vierzig als dreißig Jahre alt sein – sonst wird er wegen seiner Jugend als Ratgeber nicht akzeptiert!« oder »Partnerinnen (…) können, mit Einfühlungsvermögen und Klugheit, für einen „zerzausten“ Manager oft mehr tun als ein gelernter Therapeut.« schon damals wohl nicht mehr ganz in die Lebenswirklichkeit.